Das alte Oberschöllenbach – Gedanken von Herbert Bernet, 2025

Das alte Oberschöllenbach – Gedanken von Herbert Bernet, 2025

Spickzettel

Michaela Moritz fragt zum Thema: Das alt Oberschöllenbach
Michaela Moritz [Foto: Wolf-Dietrich]
Im Rahmen „Zeitzeugen erzählen“ hatte sich der Markt Eckental bei unserem Herbert Bernet terminlich angemeldet. Oberschöllenbach war an der Reihe. Zur Vorbereitung auf dieses Interview durch Frau Michaela Moritz (Bild links) hat sich Herbert einige Gedanken gemacht und seine Einfälle in Form dieses Spickzettels niedergeschrieben.

Das alte Oberschöllenbach – Gedanken von Herbert Bernet, 2025

Herbert Bernet erzählt über das alte Oberschöllenbach
Herbert Bernet [Bild: AURORA März 2025]
Im Jahre 1950 gab es in Oberschöllenbach etwa 54 Hausnummern, ein Hirtenhaus, eine Baracke, keine geteerte Straße, keinen Kanal und keine Wasserleitung. Fast jedes Haus hatte einen eigenen Brunnen, aber kein Spülklosett.
Unter uns lebten viele Flüchtlinge wie Sudetendeutsche, Ungarndeutsche, Polendeutsche, Saarländer, auch Ausgebombte aus Nürnberg. Die meisten Flüchtlinge bzw. Vertriebenen bekamen damals einen Gartenanteil, dort wo heute die Fischweiher angelegt sind.
Die Baracke wurde eigens für französische Pflichtarbeiter gebaut, sie wurden zum Anfertigen von Wasser-Drainagen in der langen Wiese eingesetzt. Danach wurde sie auch von Flüchtlingen als Wohnung genutzt.

Arbeitsleben: Viele Männer waren bei der Bundesbahn beschäftigt. Albrecht Johann, Karl Herbert, Leibold Hans, Horlamus Georg, Deuerlein Hans, Böhm Georg, Fink Anton, Bernet Hans, Porsinger Hans, Deuerlein Georg.

Es gab Bauern mit etwa 10 Kühen und 2 Pferden, Schweinen und Hühnern, wenige hatten auch eine Muttersau (Bühlmetzger, Bühlbauer, Rodler, Bub, Matthäsen, Neubauer, Haber, Fett‘n, Winter, Bezold), das sind 10, wobei die 5 Größten einen Knecht bzw. eine Magd hatten.
Es wurde etwa im Jahre 1948/49 ein Milchhaus gebaut, dort konnte dann die Milch abgeliefert werden, dies gibt es nicht mehr. Einige Jahre später (1957) wurde ein Kühlhaus gebaut.
Zwei Bauern hatten das Recht zum Schnapsbrennen.

Es gab auch Nebenerwerbs-Landwirte mit etwa 3 Kühen, 4 Schweinen, Hühnern, (Weidinger, Stoff, Klebes, Gobl, Sperber, Ochsen, Keltsch, Unterkeltsch, Stöhr, Bock, Leierer (Felseis), Zeitler, Drexler), dies sind 13.

Dann gab es noch die „Ziegenhäusler“, (Bernet, Güthlein, Kohlmann, Koch, Muss’n, Polster, Porsinger, Schank, Wittmann), dies waren 9. Aber es gab keinen Ziegenbock in Oberschöllenbach, die Ziegen mussten in einen Nachbarort zum Bock geführt werden.
Ich bin mit reiner Ziegenmilch und Ziegenbutter aufgewachsen. Meine Eltern hatten immer 4 Ziegen, sie hatten auch eine Zentrifuge, sie machten somit ihre Butter selbst. Leider verloren sie auch ca. alle 2 Jahre eine Ziege durch Krankheit, dies war ein großer Verlust. Das Futter holten sie von der Bahnböschung mit der Sense und dem Handwagen. Es war kein gutes Futter. Sie hatten keine eigene Wiese, nur einen Acker in Pacht.

Hopfenbauern: Bühlmetzger, Bühlbauer, Rodler, Bub, Nützel, Haber, Heid, Bezold, Ochs‘n, Scherzer, dies waren 10. Beim Haber waren manchmal am Samstag bis zu 25 Leute am Hopfenfeld aktiv.

Die ersten Autos waren etwa ab 1951 waren ein Gutbrod Superior, ein Lieferauto Opel Blitz, VW-Käfer und DKW,
die ersten Motorräder waren von BMW, Horex, Zündapp, Victoria, Ardie und Triumpf.
Ab etwa 1947 gab es folgende Traktoren: Lanz, Faun, Schlüter, Hanomag, Deutz, Güldner, Ferguson, Eicher, Kramer, Fendt, Allgeier, MAN, Fahr und McCormick.

Technisches: Der erste Fernseher wurde 1956 angeschafft, das erste Telefon etwa 1948, die ersten Radios mit UKW und magischem Auge im Jahr 1949. Es gab eine Dreschmaschine mit Binder und Führer, diese fuhr von Hof zu Hof; später wurde dann im Dreschmaschinenhaus gedroschen, dort befand sich auch eine Viehwaage.

Das alte Oberschöllenbach bot folgende Geschäfte: zwei Lebensmittelläden, je eine Schlosserei, Bäckerei, Schreinerei, Gärtnerei, eine Kohlen- und Kunstdüngerhandlung – diese lieferte auch Sand mit einem Holzgaser LKW, ein Dorfwirtshaus und zwei Flaschenbierhandlungen, später zeitweise eine Metzgerei.

Sportliche Möglichkeiten: Im Winter, es gab damals noch reichlich Schnee, war für uns der Steinbruch ein großartiges Ski- und Rodelgebiet. Dieser ist heute leider aufgefüllt. Wir fuhren auch im Dorf auf der Hauptstraße mit dem Schlitten. Im Winter mussten die Einwohner bei Schneeverwehungen zum Schaufeln helfend antreten oder mit dem Schneepflug behilflich sein.

Schwimmen: Es gab damals ein Freibad in Unterschöllenbach. Im Jahr 1955 musste der Besitzer das Bad schließen, weil damals tragischerweise ein 12-jähriges Mädchen aus Eschenau ertrunken ist. Wir konnten aber auch zum Kreuzweiher ausweichen.
Es gab auch zwei Weiher, dort fuhren wir Schlittschuh. Ein Weiher befand sich damals am heutigen Spielplatz, der andere war der Brendlers-Weiher, heute es gibt keinen mehr.

In der wärmeren Jahreszeit verbrachten wir unsere Freizeit meistens im Wald; dort spielten wir auch Fußball. Leider hatten wir nie einen Fußball- oder Bolzplatz. Später spielten wir zu dritt in der Schülermannschaft in Eschenau. In der Jugend dann in Kalchreuth.

Holzmachen: Mit den Eltern musste ich in den Wald, um dürre Äste von den Kiefern zu holen, dazu sagte man „krägeln“. Hierzu wurden lange Stangen benutzt (manchmal 2 Stangen zusammengebunden) um eine Höhe von bis zu 6m zu überwinden. Oder wir hatten Baumwurzeln bzw. Stöcke auszugraben.

Felsenkeller: Schon als Baby, im Jahre 1943, nahm mich meine Mutter mit in den Felsenkeller, um uns vor den Fliegerangriffen zu schützen. Die Firma Back hatte dort ein Wein- und Schnapslager eingerichtet, dies wurde am Kriegsende geplündert.
Einige Oberschöllenbacher lagerten dann ihre Rüben und Kartoffeln in diesem Keller. Später mietete ein Brander Obstgroßhändler diesen Keller. Danach wurden Champions in diesem gezüchtet. Der Eingang wurde vor etwa 20 Jahren erneuert.

Unsere Gaststätte: Damaliger Besitzer Familie Wendler. An der Kirchweih wurde eine Freibühne aufgestellt. Darauf spielte damals die Blaskapelle Redwig, dies war eine sehr gute Kapelle.

Hierzu hatte ich ein besonderes Erlebnis:
Im Garten der Gaststätte hatte ein Hausierer zum Mittagessen Platz genommen, er hatte einen Koffer dabei und verkaufte Schnürsenkel und sonstigen Kleinkram. Es war der Kirchweihmontag und die Kapelle traf sich zum „Küchles“ zusammen spielen. Die Kapelle übte noch einige Musikstücke. Dabei stellte der Hausierer fest, dass die hier anwesenden Gäste doch gar keine Ahnung haben, was diese Musiker für eine gute, ja hervorragende Musik machen.
Diese Worte hörte auch ein Oberschöllenbacher „Original“. Er war von den Worten getroffen und fing Streit mit dem Hausierer an. Dies eskalierte dann, indem unser „Original“ mit seinem Fuß so stark gegen den Koffer  getreten hat, dass er die Kofferwand durchbrach und er seinen Fuß erst mit Mühe aus dem Koffer wieder heraus brachte.

Nach der Wirtsfamilie Wendler gab es verschiedene Pächter und Besitzer. Für mich war der Kauf von der Familie Loreth im Jahre 1959 bedeutend. Dieser neue Wirt merkte gleich, dass er etwas für die Jugend tun müsse. Er nahm das kleine Zimmer unter der Treppe rechts und ließ einen Fußballkicker sowie eine Musikbox aufstellen. Sehr schnell kamen die Halbstarken, insbesondere aus Kalchreuth, in ihren schwarzen Lederjacken und ihren schnellen Mopeds wie Vicki 3, Avanti, Rex usw.

Die erste Bierbar weit und breit: Es dauerte nicht lange bis der Wirt diesen Raum vergrößerte. Diese Lokalität nannte sich Bongo-Bar. Es kamen nun auch amerikanische Soldaten aus Erlangen. Diese handelten mit Zigaretten und Whiskey. Die Bongo-Bar war schnell im ganzen Umkreis bekannt und wieder wurde das Lokal vergrößert. Eine gewisse Zeit wurde dieses zwielichtig.
Leider verunglückte der Wirt mit seinem Sohn 1966 bei einem Autounfall tödlich und die Tochter wurde schwer verletzt.

Tragisches: Es gab 3 Selbstmorde und einen schweren Unfall, als ein Maurer-Lehrling aus Oberschöllenbach in Heroldsberg unter den abfahrenden Zug geriet und dabei beide Beine verlor. Er war mein Freund.

Sterblichkeit: Sehr alte Leute wurden damals, wie ich mich erinnere, so etwa 82 Jahre alt, dies waren aber wenige und dann Frauen.

Noch ein Wort zur Kirchweih (Kirwa): Es wurde zur gleichen Zeit auch in Unterschöllenbach Kirwa gefeiert, dort gab es die Fränkische Gaststätte Fink. Am Sonntag wurde von beiden Seiten ein Kirwa-Wagen mit Pferdegespann gefahren, mit Musikkapellen und Kirwa-Burschen besetzt. Zu der Zeit wurden auch noch Bierfässer gegenseitig versteckt.
Am Kirchweihmontag fuhren die Oberschöllenbacher am Vormittag mit diesem Wagen nach Brand in die dortige Brauerei Brand und holten dort ihr Freibier.

Vereinsleben: Nicht vergessen möchte ich den damaligen Männerchor Aurora Ober- und Unterschöllenbach, aktiv bis 1967. Dieser Männerchor musste damals wegen Mangel an Sängern, insbesondere an Tenören aufgegeben werden. Neustart dann 1990 als Gemischter Chor AURORA Oberschöllenbach. Und dann gibt es natürlich unsere sehr aktive, freiwillige Feuerwehr.

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