1966 ― Oberschöllenbach ist schockiert
Wir befinden uns im Jahr 1966. Ein Sommertag, Sonne, Ferienanfang. „Und es war Sommer“ wird Peter Maffay zehn Jahre später seinen bekannten Song nennen.
Dieser Jahrhundert-Song beginnt mit den Textzeilen: „Es war ein schöner Tag | Der letzte im August | Die Sonne brannte so | Als hätte sie’s gewusst“ | …
Jedoch zurück nach Oberschöllenbach in den Sommer 1966, nicht zurück an einen Sonntag sondern an einen Freitag und auch nicht in den August, sondern in den Juli.
Ein furchtbarer Unfall erschüttert das friedliche Oberschöllenbach: Der beliebte Wirt des Dorfgasthauses Ernst Loreth und Werner, der Sohn der Eheleute, sowie die Ehefrau des Fahrers eines zweiten Fahrzeuges kommen bei einem Autounfall ums Leben, verursacht von einem alkoholisierten Fahrer.
Zwischen Hersbruck und Sulzbach-Rosenberg
Bei schönem Wetter lädt unser Wirt Ernst Loreth für seine beiden Kinder Evi und Werner (Bild) das Gepäck ein und macht sich langsam auf den Weg. Der Papa möchte die beiden Kinder in den Ferien zu Verwandten bringen.
Nachdem sich auch die Großeltern, Joseph und Maria Loreth, von ihren Enkeln verabschiedet haben, nimmt Ernst Loreth mit seinem VW1500-Variant die Landstraße über Lauf und Hersbruck weiter nach Sulzbach-Rosenberg.
Just zur gleichen Zeit fährt Herr S., ein Polizeibeamter außerhalb der Dienstzeit und im Privatwagen, mit seiner Frau von Sulzbach-Rosenberg in Richtung Hersbruck. Das Ehepaar ist auf dem Rückweg von ihrer Gartenhütte, wo sie vorher einen erregten Streit hatten.
Es beginnt zu regnen. Die Fahrbahn ist feucht.
Kurz bevor sich die beiden Fahrzeuge auf der Landstraße begegnen, kommt der alkoholisierte Polizist mit seinem Fiat auf die falsche Fahrbahnseite und gerät ins Schleudern …
Es kommt zum katastrophalen Crash der beiden Fahrzeuge – mit tödlichen Folgen!
Ernst Loreth im VW-Variant und Frau S., die Ehefrau des Fahrers im entgegenkommenden Fahrzeug sterben noch am Unfallort, der kleine Werner Loreth verstirbt Stunden später im Krankenhaus in Sulzbach-Rosenberg.
Am gleichen Tag, dem 22. Juli, in Oberschöllenbach.
Der Schöllenbacher Hermann W. ist unterwegs, um Pilze zu sammeln. Da die Sucherei schneller ging als gedacht, beschließt er am Nachmittag, noch das Gasthaus aufzusuchen, um ein Bier zu trinken. Die Großeltern berichten, dass die Enkel zu Verwandten in die Oberpfalz gebracht werden. Vom Drama ist noch nichts bekannt.
Am Abend marschiert Hermann W. nochmal kurz ins Gasthaus. Vor 20 Uhr ist die Gaststube fast voll. Es ist warm – die Türen stehen wegen der Hitze offen.
Was dann geschieht, wird er sein ganzes Leben lang nicht vergessen!
Geräusche im Flur – es kommt jemand – zwei Polizeibeamte in Uniform. Über den Flur gehen die beiden direkt in die Küche, wo sich die Wirtin mit ihren Schwiegereltern aufhält.
Nur wenige Momente später hören Hermann W. und die andern Wirtshausgäste eine langes, lautes und markerschütterndes Schreien der Wirtin!
Ottilie Loreth erfährt, dass ihr Mann und ihr Sohn ums Leben gekommen sind und ihre Tochter schwerstverletzt in die Notaufnahme nach Sulzbach-Rosenberg gebracht wurde.
Oberschöllenbach ist schockiert!
Die Nachricht verbreitet sich rasend schnell im Ort. Ein Schock geht durch das ganze Dorf! „Unseren“ 40-jährigen Wirt und den 11-jährigen, besten Freund von Günther Wölfel – beide gibt es nicht mehr! Das Wirtshaus wird geschlossen.
Die Tochter Evi benötigt fast zwei Jahre bis sie sich körperlich einigermaßen erholt. Ottilie und Evi Loreth ziehen ins neu errichtete Nebenhaus um und verlassen Oberschöllenbach einige Jahre später für immer.
[alle Fotos – Günther Wölfel]